Episode 083: Spiel mir das Lied vom Tod (C'era una volt il West, 1968)
Ein Filmarchiv - Un pódcast de Brockmann & Ecke
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Gerade einmal vier Jahre liegen zwischen Sergio Leones erstem „Italo-Western“ PER UN PUGNO DI DOLLARI (FÜR EINE HANDVOLL DOLLAR, 1964) und seinem postmodern durchwebtem Abgesang auf Mythen des amerikanischen Ur-Genres und seiner europäischen Interpretation, die er selbst erst mit in Gang gebracht hatte: C’ERA UNA VOLTA IL WEST (SPIEL MIR DAS LIED VOM TOD, 1968). Der Topos des mystischen Helden, schon im italienischen Sinne katholisch aufgeladen und auch sichtbar vernarbt und verdreckt durch seine moralisch verwerflichen Taten, wird hier vollkommen aufgelöst. Dank des Drehbuchs, geschrieben mit Hilfe des erfahrenen Autoren Sergio Donati, aber als Stoff entwickelt mit den jungen Noch-Filmkritikern Bernardo Bertolucci und Dario Argento, legt der Film mit aller Ernsthaftigkeit die Finger in moralische Wunden und entzieht jedem Akteur in diesem Werk seine Rechtfertigung: der Westen baut seine Zivilisation auf den Ruinen der Ungerechtigkeit auf. Wir besprechen die grundlegenden Strategien, mit denen Leone Motive und Genre-Mechaniken offen legt, uns immer wieder überrascht und das Genre zugleich überhöht und kritisiert, wie er auch dazu seinen fantastischen Cast einsetzt und uns mit unseren Erwartungen ins Leere laufen lässt. Wir reden zudem über die Nähe zum Kunstmärchen, die der Original-Titel schon offenbart, und beschäftigen uns mit der Konstruktion der Narration als Abfolge von in sich geschlossen funktionierenden Kurzfilmen. Uns interessiert auch die tiefgreifende politische Linie, die uns Leone mit seinem Zugriff auf die Genre-Motivik offenlegt, und wie er sich mal dem alten Genre, mal einem Realismus-Begriff und dann wieder der europäischen Verarbeitung eines ur-amerikanischen Filmthemas mit dem Auge eines Filmfans annähert.